Foto: Ulla Fries-Langers hat auch die Rede gehalten
Beim Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus am 27.Januar
2020 im Rathaus Marl wurde Halina Birenbaum als Holocaust-Überlebende u.a.
durch Eintragung in das Goldene Buch der Stadt Marl geehrt. Im Rahmen der
eindrucksvollen Veranstaltung im überfüllten Rathaus Marl sprachen für die
„Marler Wege zum Frieden“ deren Sprecherin Ulla Fries-Langer und für den
Integrationsrat der Stadt Marl dessen Vorsitzender Cengiz Caliskan. Die
CIAG Marl gehört seit Anfang an zu den Mitveranstaltern dieses Gedenktages.
Auschwitzgedenktag 2020
Es ist geschehen
und folglich kann es wieder geschehen:
Darin liegt der Kern dessen,
was wir zu sagen haben!
Primo Levi
Ein unerwünschtes Thema
ich beginne zu erzählen
es fällt eine Frage
schwer wie ein Stein
in hebräisch, polnisch oder deutsch
wird das Thema wieder Nazis sein?
ich winde mich, stottere verteidige mich
wie vor Gericht
es ist für das Leben
um ewiger Ereignisse willen
wegen all dessen,
was den Menschen nahe ist.
Liebe, Tränen, Hass
hier und nicht weniger dort
in den Tagen der Shoa.
Was ist zu tun?
ein unerwünschtes Thema
unbeliebt
beschämt den Erzähler
beschuldigt den,
der gedenkt
zeichnet ihn
haftet an ihm wie ein Fluch
aus den Tagen der Shoa
und doch lauscht der Mensch gebannt.
Halina Birenbaum 1986 – Holocaustüberlebende
Ich habe erlebt, wie viele Menschen umgebracht worden sind. Meine Eltern und meine Schwester sind ermordet worden.
Daher muss man den Menschen doch heute sagen:
Schweiget nicht, macht etwas!
Auf die Frage hin: Brauchen die Deutschen noch Aufklärungs- und Erinnerungsarbeit sagt sie im Gespräch mit Spiegel online.
Das sehen sie doch selbst, dass es Erinnerungsarbeit geben muss!
Dieser politische Rechtsruck in Deutschland und anderswo ist einfach unsäglich.
Die rechten Parteien wollen unsere Demokratie zerstören.
Das erschreckt mich auch als Zeitzeugin.
Deshalb muss man den Menschen erzählen, was damals geschah. Weil es nach 1945 keine richtige Aufklärung und Entnazifizierung gab.
Esther Bejarano – Holocausüberlebende
Halina Birenbaum und Esther Bejarano,
zwei bewundernswerte, starke Zeitzeuginnen,
die Schlimmes erlebt und überlebt haben.
Zwei bewundernswerte Frauen, die in ihrem Alter die Kraft und den Mut haben, aufzuklären und somit immer wieder mit dem eigenen Schicksal konfrontiert sind.
Wir sind es den noch lebenden Zeitzeuginnen und Zeitzeugen schuldig, gemeinsam alles dafür zu tun, dass die heutigen Faschisten, Antisemiten und Rassisten geächtet werden.
Dass eine rechtsextreme Partei, die sich auch in Marl angesiedelt hat, Widerstand erfährt.
Diese Partei ist nationalistisch, rassistisch, antisemitisch,
Islam-und frauenfeindlich.
Sie verbündet sich mit der rechtsextremen Identitären Bewegung und fremdenfeindlichen Organisation Pegida.
Bundespräsident Steinmeier findet am 23.1. in Jerusalem deutliche Worte über deutsche Schuld und
„ böse Geister in neuem Gewand“.
75 Jahre nach dem Holocaust werden Juden angegriffen,
beleidigt und verunglimpft.
Das ist entsetzlich und beschämend.
Das dürfen wir als Gesellschaft nicht zulassen.
Setzen wir uns gemeinsam für Freiheit, Frieden, Toleranz
und kulturelle Vielfalt ein.
Beispielhaft war die Protestkundgebung am 18.01. in Marl Sinsen. Mehr als 500 Menschen haben zusammen mit dem
Bürgermeister Werner Arndt, dem DGB, Parteien, Kirchen, Initiativen und Organisationen friedlich gegen den AfD Parteitag protestiert.
Man spürte das Bedürfnis, sich gemeinsam für eine offene, friedliche Gesellschaft einzusetzen.
Deutliche Zeichen wurden gegen Hass und Spaltung gesetzt.
Das macht uns als Friedensinitiative Mut.
Wir als Initiative brauchen Sie/ Euch, denn nur gemeinsam können wir dem Rechtsextremismus, Antisemitismus und Faschismus entgegentreten.
Ulla Fries-Langer
Sprecherin der Initiative „Marler Wege zum Frieden“