Brief von Sven Giegold, Europaparlamentarier und aktiv in der Ev. Kirche in Deutschland.
Humanitäre Krise in Griechenland: Über 50.000 Menschen fordern Deutschland und Europa zum Schutz der Geflüchteten auf
Link, um diese Information auf twitter/facebook zu verbreiten:
https://sven-giegold.de/griechenland-50000-fordern-schutz/
Liebe Freundinnen und Freunde, liebe Interessierte,
die Lage der Geflüchteten an der türkisch-griechischen Grenze und den griechischen Inseln ist weiterhin äußerst kritisch. Es ist eine humanitäre Katastrophe, die sich an Europas Außengrenze zuträgt. In Griechenland wendet die Polizei immer noch Gewalt an, damit Menschen nicht ins Land kommen. Die Petition, die ich zusammen mit Erik Marquardt MdEP, Clara Anne Bünger (Juristin) und Ansgar Gilster (EKD Mitarbeiter für Migration und Flucht) gestartet habe, hat mittlerweile über 50.000 Unterschriften. Und das innerhalb von zwei Tagen! Das zeigt: Viele Menschen in Deutschland sind bereit, auf geordnete Weise ein Kontingent von Geflüchteten Schutz in unserem Land zu bieten.
Daher meine große Bitte: Unterschreibt unsere Petition und vor allem teilt sie breit in den sozialen Medien und per E-Mail: https://www.change.org/europasgrenze
Für unsere Position der Humanität und Ordnung bekommen wir laute Kritik aus den Reihen der CDU/CSU. Ihr Vorwurf lautet, dass die Aufnahme eines Kontingents einen “Anreiz” für Geflüchtete darstellen würde und einen “Sogeffekt” auslösen könnte. Man sollte sich bewusst machen, was diese Position der Christdemokraten konkret heißt: Die Gewährung des Menschenrechts auf Asyl, das derzeit in Griechenland ausgesetzt wird, bezeichnen sie als einen “Anreiz”. Ganz abgesehen von unserer humanitären Verpflichtung, geht es hierbei um die Wiederherstellung eines Grundrechts, das eine zentrale Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg ist. Menschenrechte sind keine “Anreize”, sondern Rechtsanspruch für jeden Menschen. Deshalb wollen wir sofort ein Kontingent von Geflüchtete in Deutschland aufnehmen, um ihnen hier ein ordentliches Asylverfahren zu ermöglichen. Viele Kommunen haben sich im Übrigen schon bereit erklärt, Geflüchtete aufzunehmen. Gleichzeitig müssen wir alles für eine europäische Lösung beim Recht auf Asyl tun. Die Bundesregierung muss eine Koalition der Willigen schmieden, um einen geordneten Zugang für Asylsuchende zu ermöglichen.
Immerhin hat nun auch Innenminister Horst Seehofer signalisiert, dass er zumindestens einige Kinder aufnehmen möchte. Auch der CDU-Ministerpräsident Daniel Günther aus Schleswig-Holstein ist bereit, geflüchtete Minderjährige aufzunehmen. Es steckt also noch ein wenig Christdemokratie in CDU/CSU. Gleichzeitig halten andere Spitzenpolitiker wie Dobrindt, Ziemiak, Merz und viele andere an einer Position der Kaltherzigkeit fest. Diese Politik schafft auch keine Ordnung an den Außengrenzen. Mit anderen Worten: Die Union ist bei der Frage nach der Aufnahmen von Geflüchteten gespalten. Wir sollten nun unsere Position der Humanität und Ordnung weiterhin offensiv vertreten und Druck auf die CDU/CSU machen, sich menschlicher zu positionieren. Auch die Evangelische Kirche hat starke Worte gefunden:
Gestern ist auch Ursula von der Leyen nach Griechenland gereist. Um Griechenlands Rolle für Europa zu beschreiben, benutzte sie den griechischen Begriff “Aspida” – das heißt Schutzschild. Dieser Ausdruck ist nur ein Beispiel von vielen, wie unsere derzeitige Debatte über die Geflüchteten von rechtspopulistischer und menschenfeindlicher Sprache geprägt ist. Im Kern führen wir derzeit eine “Abwehr”-Debatte, keine Solidaritäts- und Rechtsstaatlichkeitsdebatte, die in der jetzigen humanitären Krisen angebracht wäre. Man muss sich immer wieder bewusst machen: Es geht um Menschen, die überwiegend aus einem Krieg fliehen mussten. Was an der syrisch-türkischen Grenze und in Griechenland und Bulgarien passiert, ist kein “Schutzschild” sondern eine Abrissbirne an den Werten Europas, die vor allem aus Christentum, Judentum und Islam wie auch Humanismus gewachsen sind. Lasst uns deshalb diesem Mangel an Menschlichkeit in der öffentlichen Debatte entgegenwirken. Mit unserem Ansatz von Humanität und Ordnung wollen wir sowohl der Notlage der Geflüchteten als auch der Notwendigkeit geordneter und kontrollierter Verfahren hierzulande gerecht werden.
Mit europäischen Grüßen
Sven Giegold