Medieninformation der Stadt Marl vom 03.12.2021

Gedenken an Riga: Marl erinnert an die Opfer

Vor 80 Jahren wurden jüdische Bürgerinnen und Bürger nach Riga deportiert / Die Stadt erinnerte mit einer Gedenkfeier und Kranzniederlegung an die Opfer

Riga, vor 80 Jahren, am 30. November 1941: Der erste Deportationszug aus dem Deutschen Reich bringt jüdische Menschen in den Osten. Um dort „Platz“ für ihre Ankunft zu schaffen, wurden 26.000 lettische Jüdinnen und Juden des Rigaer Ghettos in Rumbula ermordet. An aller Opfer von Riga erinnerten jetzt die stellvertretende Bürgermeisterin Angelika Dornebeck und Dechant Heiner Innig mit einer Kranzniederlegung.

Knapp 30 Vertreterinnen und Vertreter der Fraktionen, Verwaltung und friedensfördernden Gruppen aus der Stadt hatten sich am Riga-Gedenktag an der Großskulptur La Tortuga eingefunden, um gemeinsam an die Opfer zu erinnern. Für den Ort des Gedenkens hatte die Stadt Marl die Großskulptur La Tortuga von Wolff Vostell ausgewählt. Die auf dem Rücken liegende Dampflokomotive symbolisiere nicht nur den Untergang der Stahlindustrie und des Bergbaus im Ruhrgebiet. Sie erinnere auch an die „unsägliche Rolle der Deutschen Reichsbahn im Zweiten Weltkrieg und die Verstrickung anderer Behörden bei der staatlich verordneten Judenvernichtung“, sagt Angelika Dornebeck. „Riga darf nie wieder sein! Mit der Gedenkfeier wollen wir ein sichtbares Zeichen setzen.“

Musikalisch begleitet wurde die Gedenkfeier von Posaunist Daniel Gruber von der Musikschule Marl. Nach der Kranzniederlegung und einer Schweigeminute hielt Dechant Heiner Innig eine Rede.

Die Stadt Marl ist seit 2010 Mitglied im Deutschen Riga-Komitee. Es erinnert an das grausame Schicksal von mehr als 25.000 Menschen – darunter Menschen aus Marl – jüdischen Glaubens, die in der NS-Zeit nach Riga deportiert und überwiegend im Wald von Bikernieki ermordeten wurden.

 


(v.l.n.r.): Dechant Heiner Innig, stellvertretende Bürgermeisterin Angelika Dornebeck und Daniel Gruber von der Marler Musikschule. Foto: Stadt Marl

Als stellv. Bürgermeisterin erinnert Frau Dornebeck auch an Rolf Abrahamsohn, der in Marl am 9.März 1925 geboren wurde,  Anfang 1942 ebenfalls nach Riga deportiert wurde; als Einziger seiner Familie überlebte er die Nazi-Diktatur, lebt im hohen Alter hier in Marl; Ehrenbürger im Vest Recklinghausen, Schirmherr des 16. Abrahamsfestes in 2016 zum Thema „Zuhause auf dem Planeten Erde“. Rolf Abrahamsohn lebt im hohen Alter hier in der Nähe.

 Dechant Heiner Innig sprach das Totengebet von Georg Kafka.

Georg Kafka

Totengebet

Sieh, Herr, die Toten kommen zu Dir.

Die wir geliebt, sind allein

und sehr weit

Nun müssen wir ihre Münder sein und beten zu Dir,

Du Ewigkeit.

 

Nimm ihr müdes Herz in die gütige Hand.

Da wird es still.

Eine Schwalbe, die ihre Heimat fand

und schlafen will.

 

Auf ihre Augen, die müde vom Licht

Lege Dein Kleid,

daß sie träumen von Deinem Angesicht,

Du Dunkelheit.

Und ihre Hände, die immer bereit,

Dein Werk zu tun,

oh Gott, Du ewige Erntezeit,

laß sie ruh´n.

 

Wir aber leben und dürfen nicht

die Tage versäumen.

Wir tragen geduldig das schwere Gewicht

Zu Deinen Träumen.

 

Oh Herr, die Lebenden kommen zu Dir.

Die wir geliebt, sind allein.

Wir finden sie nicht.

Du aber wirst die Erleuchtung sein.

Du Licht.

(Georg Kafka, verwandt mit Franz Kafka, wurde am 15.2.21 in Teplice – damalige Tschechowslowakei – geboren. Wirkte in Prag, dichtete in deutscher Sprache. KZs Theresienstadt – KZ Auschwitz (wohin er seine Mutter begleitete, die dort ermordet wurde) – KZ Sachsenhausen/Außenlager Schwarzheide, dort als Zwangsarbeiter Ende 1944 ermordet.)

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